Geschichte des Bulderaner Schützenvereins
Den Schützenfesten, die besonders auf dem Lande wahre Volksfeste sind, wendet man eine besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung zu, die in dem bloßen Feiern an sich nicht allein begründet sind. Sie tragen so recht den Charakter von Gemeinschaften, umspannen so alle Berufe, alle Schichten, alle Altersklassen. Gemeinsame Not der Bürger in der Stadt, gemeinsame Unsicherheit der Bauern und der Bevölkerung auf dem Lande sind Wurzeln der Schützenfeste.
Im Münsterland sind diese Schützenvereine oder Schützengilden – abgesehen von den Städten – mit wenigen Ausnahmen alle Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden. Besonders unter der Regierung des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen (1650-1678) schossen sie wie Pilze aus der Erde. Bestimmte doch ein landesherrlicher Erlass dieses streitbaren Bischofs, dass pflichtgemäß aus jedem Haus ein Mann zwischen 16 und 60 Jahren das Land gegen feindliche Einfälle zu verteidigen habe. In den damals sehr unsicheren Zeiten kam es vor allem darauf an, zu Verteidigung von Haus und Hof, zu Rettung von Leben und Eigentum stets waffenkundige Leute zur Stelle zu haben. Während die Landesherren für den Felddienst angeworbene Söldner hatten, dienten die Eingesessenen des Ortes und der Kirchspiele der Landesverteidigung.
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der guten Sitte diente oft die Anlehnung der Vereine und der Gilden an die Kirche. Es ging der weltlichen Feier deshalb ein Gottesdienst für die lebenden und verstorbenen Mitglieder voraus. Die Gilden und Bruderschaften wählten sich einen Schutzheiligen, oft den Hl. Johannes den Täufer, aber auch den Hl. Sebastian.
Über den Bulderaner Schützenverein gibt es nur sehr spärliche Aufzeichnungen. Auf der ältesten Fahne aus dem Jahre 1670, dem Gründungsjahr, ist der Hl. Johannes der Täufer als Patron des Vereins abgebildet.
Ein im Stadtarchiv befindliches Verzeichnis aus dem Jahr 1813 führt als Besitz des Vereins zwei Fahnen, eine Totenfahne, ein Bahrtuch, einen Katafalk und eine Totenbahre auf. Dies lässt darauf schließen, dass die Schützen eine kirchliche Bruderschaft waren.
Die Schützenkette aus dem Jahr 1813 zeigte an einer silbernen Taube auf einen Eichenzweig 28 Fünfmarkstücke, 15 silberne Schilder in Wappenform und 4 Sterne. Die silberne Taube hat am Schwanzende das Wappen derer von Diepenbrock (zwei gekreuzte Schwerter), den früheren Herren des Hauses von Buldern. Die silbernen Schilder sind leider 1813 für die Anschaffung der ersten Feuerspritze im Ort verkauft worden.
Traditionsgemäß wurden im Schützenverein immer zwei Kompanien aufgestellt, eine für verheiratete Männer und eine für Jünglinge ab 18 Jahren. Jede Kompanie hatte eine eigenen Fahne. Für Ordnung sorgten zwei, später vier sogenannte Scheffer. Das Fest wurde “um Johanni” gefeiert.
Schon aus der Reihenfolge der Schilder auf der Schützenkette ist zu entnehmen, dass die Bulderaner Männer längst nicht immer geschlossen hinter dieser historischen Veranstaltung standen. Es wurde nicht jedes Jahr gefeiert, auch scheint das Anbringen von Erinnerungsschildern an der Kette das eine oder andere Mal unterblieben zu sein. Das älteste noch erhaltene Widmungsschild ist aus dem Jahr 1813 von König Bernhard Th. Rönnebrink.
Beim Schützenfest im Jahre 1845 waren 300 Schützen in drei Kompanien aufgestellt. Bürgermeister Schmidt war auch gleichzeitig Oberst. Bei diesem Fest erwies sich der Vogel als besonders zäh. Um noch rechtzeitig einen König zu ermitteln, befahl der Oberst, dass zwölf Schützen gleichzeitig auf die Stange schossen. Der König J. Vagedes wurde durch dass Los bestimmt und bekam einen silbernen Becher. In dieser Zeit der Geldknappheit ermöglichten die Herren von Romberg oft durch Geldspenden das Abhalten des Schützenfestes.
Bis 1854 wurde an wechselnden Orten, meistens jedoch hinter der steinernen Brücke geschossen. Nach eine langwierigen Polizeiklage gegen die Junggesellen wegen Nichtbeachtung der amtlichen Schießauflagen musste die Stange im Bulderfeld beim Prozessionsbild errichtet werden.
1872 schoss zuerst der Gerdarm E. aus Dülmen den Vogel herunter. Die Teile wurden dann mit Bindfaden aneinander gebunden und der Vogel erneut auf die Stange gesteckt. Daraufhin wurde die Bestimmung in den Statuten aufgenommen, dass nur eingeschriebene Schützen schießen durften.
In diesen Jahren wurde auch ein Schießmeister bestimmt, der für ordnungsgemäße Waffen zu sorgen hatte und mit denen alle schießen mussten. Bislang schoss jeder Schütze mit seinem eigenen Gewehr (Vorderlader).
Nach Anregung des Kaufmanns Wilhelm Niehoff war 1905 die Umstellung der Schützengesellschaft zu einem Verein mit gewähltem Vorstand erfolgt. Aus den Aufzeichnungen geht bis 1913 hervor, dass nur ein König ausgeschossen wurde. Von 1913 bis 1922 wurde wegen des 1.Weltkrieges und seiner Folgen kein Schützenfest gefeiert.
Auch der 2.Weltkrieg unterbrach die Schützenfeste für 10 Jahre. Nach Kriegsende bestand in den folgenden vier Jahren keine Möglichkeit das Schützenfest wieder in Gang zu bringen. Es gab keinen Zeltverleih und nicht Alkoholisches außer Schwarzgebranntem (Eigenheimer). Auch war es durch die Besatzungsmacht verboten, ein Gewehr in die Hand zu nehmen.
1948 kam die Währungsreform und mit diesem Tage begann sich das Leben allmählich wieder zu normalisieren und es ist nicht verwunderlich, dass auch der damalige Vorstand im Jahr 1949 das erste Schützenfest nach dem Krieg plante. Am 26. März 1949 beschloss der Vorstand mit Heinrich Messing (1.Vorsitzender), Wilhelm Wieschhörster (2.Vorsitzender), Anton Tönnis (Kassierer) sowie Wilhelm Rath, Aloys Kirschner jun. und Hubert Roters (alle Beisitzer) im Lokal Felix Knüvener am Ostermontag, dem 18. April 1949 die Generalversammlung abzuhalten.
Nach alter Tradition wurde “um Johanni” am 19. Juni 1949 in den Festzelten Schmeken-Huesmann das Schützenfest gefeiert. Beide Vereinsfahnen, sämtliche Offizierausrüstungen und die Kette des Sternkönigs waren durch Kriegseinwirkungen vernichtet. Die Kette des Vogelkönigs war durch einen glücklichen Zufall beim Schützenbruder Heinrich Kruse gerettet worden.
Der Vorstand hatte große Schwierigkeiten, die Genehmigung für das Schützenfest von der englischen Besatzungsmacht zu erhalten. Erst nach umständlichen Verhandlungen mit dem englischen Residenz-Offizier wurde das Vogelschießen mit einer Armbrust gestattet. Da ein Holzvogel unter diesen Umständen nur schwierig von der Stange zu holen war, wurde ein Vogel aus Torf besorgt.
Mit neuen Fahnen, mit Armbrust und Torfvogel zog der Schützenzug unter den Klängen der Hiddingsler Kapelle und des Spielmannszuges Buldern am ersten Festtag zur Vogelstange im Bulderfeld. Erster Vogelkönig nach dem Krieg wurde Alois Krischner, der Frl. Erika Reismann-Schürmann zur Königin nahm. Am zweiten Festtag wurde der Sternkönig im Pastors Busch an der Bahn ausgeschossen. Erster Sternkönig wurde Rudolf Rath, der Frl. Maria van Lendt zur Königin nahm. Dieses erste Schützenfest nach dem 2.Weltkrieg zeigte in begeisternder Weise, dass die Dorfgemeinschaft nach langen, entbehrungsreichen Jahren wieder feiern wollte und konnte.
Wie schon erwähnt, wurde das Königsschießen in den ersten Jahren am ersten Tag im Bulderfeld und am zweiten Tag in Pastors Busch an der Bahn durchgeführt. Zwei Jahre lang fand aber auch das Schießen am zweiten Festtag im Rombergschen Busch an der Hiddingsler Straße statt, jedoch wurde dann bis 1968 an beiden Tagen im Bulderfeld geschossen.
1969 entschloss sich der Vorstand, auf Grund der oft schlechten Witterungsverhältnisse, die Vogelstange vom Bulderfeld zum neuen Sportplatz zu verlegen. Dadurch wurden insbesondere die Anmarschwege für Festwirt und Schützen nicht mehr so weit. Die fahrbare neue Vogelstange wurde durch eine Spende von Siegfried Wrocklage ermöglicht.
Wurde bis einschließlich 1968 am Samstagabend ein Herrenkommers im Festzelt abgehalten, so beschloss die Generalversammlung 1969, diesen ab sofort entfallen zu lassen und bereits Samstagabend mit Damen das Fest zu feiern.
Zur Vorbereitung das Jubiläumsschützenfestes 1670 – 300 Jahre St.Johanni – wurde ein Festausschuss durch Vorstandsmitglieder gebildet. Ihm gehörten an: Herbert Driefer, Heinz Driefer, Alex Stiefeling, Willi Ricker und Wilhelm Wieschhörster
Der 1.Vorsitzende Anton Bruns stellte sich auf der Generalversammlung 1970 nicht mehr zur Wahl und wurde von der Versammlung zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Neuer 1.Vorsitzender wurde am 18. April 1970 Heinz Driefer.
Das Jubiläumsschützenfest fand am 27., 28. und 29. Juni 1970 unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Bernhard Kentrup statt. Vogelkönig wurde Bernhard Leiermann, Sternkönig Werner Fuchs. Erster Kaiser der Schützenbruderschaft wird der Vogelkönig von 1961, Anton Klünker.
Nach Amtsniederlegung durch Heinz Driefer wird am 16. November 1971 Wilhelm Wieschhörster zum neuen 1.Vorsitzenden gewählt. Die Generalversammlung findet nicht mehr am Ostermontag statt. Auf der Generalversammlung am 25. März 1972 wird Clemens Weber als Oberst verabschiedet und zum Ehrenoberst ernannt. Sein Nachfolger wird Wilhelm Tönnis.
Nach der Gemeindereform veranstaltete das britische Feldzeugdepot FWO 1976 in Dülmen ein Kaiserschießen aller städtischen Schützenvereine. Dieses Kaiserschießen wird unter Beteiligung der Bulderaner Schützen in den Jahren 1977, 1979, 1986, 1988 und 1990 wiederholt.
Im Jahr 1979 erfolgt die Eintragung der Schützenbruderschaft in das Vereinsregister und der neugegründete Fanfarenzug nimmt neben dem Spielmannszug erstmalig an den Festumzügen teil.
Das Fahnenschwenken wurde erstmalig 1983 vorgeführt.
Auf der Generalversammlung am 16. April 1983 wird Bernhard Leiermann zum neuen 1.Vorsitzenden gewählt. Die Versammlung ernennt Wilhelm Wieschhörster zum Ehrenvorsitzenden. Am 23. April 1984, kurz vor dem Schützenfest erklärt Oberst Wilhelm Tönnis seinen Rücktritt und der bisherige Major Alfons Klünker wird zum Oberst ernannt.
Auf der Generalversammlung am 27. März 1989 wird Adolf Riegel zum 1.Vorsitzenden und Bernhard Leiermann zum Ehrenvorsitzenden gewählt.
Anlässlich der 1100-Jahrfeier des Dorfes Buldern wurde durch die Schützenbruderschaft St.Johanni am 16. Juni 1989 das zweite Kaiserschießen des Vereins durchgeführt. Rechtzeitig zu diesem Jubiläum konnte die von Herrn Albert Stewig gestiftete neue Vogelstange eingeweiht werden. Die Kaiserwürde errang der Sternkönig von 1982, Bernhard Böinghoff.
Im Jahre 1990, nach Öffnung der Grenze zur ehemaligen DDR, wurde mit dem neugegründeten Schützenverein Klostermannsfeld am Südrand des Harzes in der Nähe von Halle/Saale eine Partnerschaft vereinbart und hauptsächlich auf privater Ebene viel Aufbauhilfe geleistet.
1992 erfährt der Schützenfestablauf eine gravierende Änderung. Am Freitagabend ist im Festzelt bereits Jugendtanz, am Samstag wird der Sternkönig ermittelt, am Sonntag der Vogelkönig und am Montag klingt das Schützenfest nach dem Frühschoppen im Festzelt aus.
Auch 1995, aufgrund des 325 jährigen Jubiläums, bemühte sich ein Festausschuss um den reibungslosen Ablauf des Jubiläumsschützenfestes. Mitglieder im Festausschuss waren: Horst Ebert, Klaus Kullik, Adolf Riegel, Rainer Leiermann, Wilfried Rath, Rainer Dipp, Willi Schlagheck, Reinhard Homann und Alfons Klünker. Die Kaiserwürde errang der Vogelkönig von 1983 Wilfried Riegel.
Im Jahr 2000 feierte das Dorf sein 1111 jähriges Jubiläum, so dass die Schützenbruderschaft St.Johanni wieder ein Kaiserschießen durchführte. Die Kaiserwürde errang Josef “Willi” Schwaag, der Vogelkönig von 1997.
Quelle: Begleitheft zum Jubiläum 325 Jahre Schützenbruderschaft St.Johanni e.V. Buldern